Folge 38: Wasser, Quelle des Lebens
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Heute geht es um unsere menschliche Winzigkeit in Anbetracht der unfassbaren Größe des Universums und der Unendlichkeit der Zeit. Ich erlebe das immer wieder, wenn ich ans Meer komme. Ich stehe am Strand und blicke hinaus. Und es ist so wie immer, wenn ich zum Meer komme: es ist einfach da. Wasser, Wellen, Sonne, Wind und Sand. Das sich ständig wandelnde Meer, immer in Bewegung, nie steht es still, und doch immer gleich, als sei ich nie fortgewesen, als sei nie etwas passiert, als hätte es all die Zeit geduldig auf mich gewartet. Ewiges Wasser im immer gleichen Rhythmus.
Ich möchte euch eine Geschichte über das Wasser erzählen, eine Geschichte die vor langer, langer Zeit beginnt. Es war vor rund 4500 Millionen Jahren, da gab es eine gewaltige Explosion. Es war die Geburt unserer Sonne aus einer dunklen Wasserstoff- und Staubwolke. Aus den Resten von Gas und Staub bildeten sich dann im Laufe der Zeit dann unsere Planeten, darunter natürlich die Erde. Unsere Sonne ist dabei eigentlich ein ganz gewöhnlicher Stern, einer unter mehreren hundert Milliarden in unserer Milchstraße. Die wiederum ist nur eine Galaxie unter 1000 Milliarden anderer. Anfangs war die Erde ein glühender Ball aus geschmolzenem Gestein und flog Jahrmillionen auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne. Kein Leben weit und breit, viel zu heiß, keine Luft zum Atmen, ein wahrhaft unwirtlicher Ort.
Das wäre vielleicht auch immer so geblieben, wenn sich nicht etwas sehr Unwahrscheinliches ereignet hätte. Unsere Erde kollidierte mit riesigen Himmelskörpern, mit Meteoriten oder Kometen. Und diese Himmelskörper waren aus gefrorenem Wasser: aus Eis. Das Eis der Kometen traf die Erde und es schmolz nicht nur, es verdampfte. Als sich die Erde dann langsam abkühlte, wurde der Dampf wieder zu flüssigem Wasser. Anschaulicher gesagt: Es begann, zu regnen. Diese ersten Regengüsse müssen stärker als jedes denkbare Gewitter gewesen sein. Es regnete und regnete – mehrere zehntausend Jahre lang. Dadurch entstanden die Meere, die fast die gesamte Erdoberfläche mit Wasser bedeckten. In diesem Meer oder auch in dieser Ursuppe entstanden vor etwa 3,5 Milliarden Jahren erste Spuren von Leben. Unter Einwirkung von Sonnenenergie verbanden sich im Wasser Kohlenstoff und Wasserstoff zu ersten organischen Verbindungen, zu den sogenannten Bakterien, die dann durch Photosynthese Sauerstoff aus dem Wasser freisetzten.
Es entstand dadurch eine Schicht, die die Erde wie ein warmer Mantel umhüllte: unsere Erdatmosphäre aus Luft, und erst vor 500 Mio. Jahren war dieser Prozess abgeschlossen. Ohne unsere Erdatmosphäre könnten wir nicht leben, sie schützt uns vor der UV- und Röntgenstrahlung der Sonne, lässt aber das lebenswichtige Sonnenlicht zur Erdoberfläche durch. Ohne die Atmosphäre würde die Hitze der Sonne direkt in den Weltraum zurückstrahlen, die Temperatur auf der Erde wäre sehr viel niedriger und sie wäre unbewohnbar.
Ohne Wasser keine Ursuppe, ohne Ursuppe keine Organismen, ohne Organismen kein Stoffwechsel, ohne Stoffwechsel keine Photosynthese, ohne Photosynthese kein Sauerstoff, ohne Sauerstoff keine Luft, ohne Luft keine Menschen. Wenn ich darüber nachdenke, merke ich, wie klein wir Menschen sind und wie unwahrscheinlich unsere Entstehung war. Und trotzdem sind wir da. Winzig klein angesichts der unfassbaren kosmischen Unendlichkeit. Wir sind Teil des Ganzen, eingewoben in die Allheit wie ein feiner Faden. Wenn wir sterben, hören wir nicht auf dagewesen zu sein.
Ich blicke aufs Meer und lausche der Brandung. Alles ist im Fluss, alles ist jetzt, alles ist ewig. Die Lebenden und die Gestorbenen.
Wasser, Quelle allen Lebens.