Folge 43: Was Dir helfen kann
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Du hast Schlimmes erleben müssen – wie viele andere auch. Es gibt keine Rangordnung, keine Hierarchie des Schreckens. Jede Person sucht auf ihre eigene Weise nach einem Weg weiterzugehen. Auch du. Und alle halten nach etwas Ausschau, das das Weiterleben erträglicher machen könnte, während eine Stimme in deinem Innern sagt, dass es keine Hilfe für dich geben kann, denn der verstorbene Mensch wird nicht zurückkehren. Das ist die nüchterne Grenze jeder Unterstützung. Und doch gibt es vieles, das dich in deiner Trauer stärken und ermutigen kann.
Gerade am Anfang tut es gut, die Unterstützung und das Mitgefühl der Menschen in deinem Umfeld zu spüren: von deinen Verwandten, deinen Freunden, deinen Nachbarn sowie Kolleginnen und Kollegen. Es ist wohltuend zu merken, dass sie dir helfen wollen und dir mit Mitgefühl begegnen. Gleichzeitig ist es auch anstrengend, denn alle sind traurig über das, was geschehen ist. Die schmerzvollen Gesichter der anderen bestätigen dir, dass deine Geschichte wahr und wirklich ist.
Doch oft reichen Freunde und Familie allein nicht aus. Vielen Hinterbliebenen hilft es, Menschen zu begegnen, die ebenfalls einen schweren Verlust erlitten und überlebt haben – besonders dann, wenn ihr Umgang mit der eigenen Geschichte für dich inspirierend sein kann. Es macht Mut zu sehen, dass sie trotz ihrer Verwundung im Leben stehen und dich ermutigen, deine nächsten Schritte zu gehen. Häufig geschieht das im Rahmen von Trauergruppen – Orte, an denen der Verlust Raum und Gehör findet. Es kann eine wertvolle Erfahrung sein, wenn du merkst, dass du nicht allein und isoliert bist, sondern Teil einer Schicksalsgemeinschaft, in der dir mit Wärme und Verständnis begegnet wird.
Wichtig ist auch, Menschen zu finden, die in der Lage sind, deine Geschichte in allen Einzelheiten anzuhören, ohne unter dieser Last zusammenzubrechen. Das kann eine gute Freundin sein – doch oft sind die Menschen im privaten Umfeld damit überfordert. Dann kann es hilfreich sein, eine Trauerbegleiterin oder Therapeutin an deiner Seite zu wissen, die die Kraft hat, dir auch in den schwierigsten Details deines Verlustes zu begegnen. Es tut gut, wenn du erfährst, dass du dein Erleben wirklich teilen darfst: die Einzelheiten des Lebens und des Sterbens, deinen Schmerz – aber auch deine Schuldgefühle oder deine Scham. Was dir hilft, ist der Respekt und die Anerkennung deines Gegenübers – und die Möglichkeit, immer wieder gemeinsam auf deinen Verlust zu blicken.
Auch ich tue im Grunde nichts anderes. Ich arbeite mit dem, was du mitbringst. Ich habe keine eigene Agenda. Die Agenda ist deine Trauer – sie führt dich, sie stellt dir Fragen. Ich begleite dich auf deinem Weg, mit deiner Persönlichkeit und deinen Entscheidungen. Doch ich bin nicht der Taktgeber deiner Trauer. Ich lege dir keinen Zehn-Punkte-Plan vor. Ich habe kein Manual „Schritt für Schritt aus der Trauer“. Ich kann deine Trauer nicht beschleunigen. Im Gegenteil: Jede schnelle Lösung macht mich skeptisch, weil sie etwas Unrealistisches verspricht. In der Trauer geht es darum, wie du trotz des Verlusts für dich ein gutes Leben finden kannst. Das klingt einfach, ist aber sehr schwer und braucht meist viel Zeit.
Manchmal wünschen sich Menschen Anleitung. Sie möchten geführt werden. Auch ich würde das gerne tun – doch wie sollte das gehen? Keine andere Person kann dich retten, auch ich nicht. Nur du selbst kannst deine Antworten finden. Dein Gegenüber ist immer nur Begleiter – ohne das Wissen, was für dich richtig ist. Das musst du selbst herausfinden. Niemand anderes kann dich tragen. Du musst selbst gehen, du musst für dich Verantwortung übernehmen.
Manchmal wirkst du verloren, ohne jede Perspektive. Als gäbe es kein Morgen. Dann gibt es oft kein Mittel, keine Salbe, kein Pflaster, um deinen Schmerz zu lindern. Und doch zeigst du mir deine Wunde, und ich sehe sie.
Du hast jede Hilfe verdient.