Folge 41: Der Schmerz der Mütter

 

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Wenn ich an die Trauer von Müttern denke, kommen mir zuerst die vielen Frauen in den Sinn, die im Laufe der Jahrhunderte ihre Kinder in schrecklichen Kriegen verloren haben. Es waren schon immer die Frauen, die die größten Opfer bringen mussten. Um das Ausmaß ihrer Trauer zu begreifen, ist es entscheidend, sich vor Augen zu führen, was es heißt, Mutter zu sein. 

Mutterschaft bedeutet, dass dein Kind in deinem Körper heranwächst, es wohnt in dir, in deinem Leib, du nährst es vom ersten Herzschlag an. Du bist eins mit ihm und dein Körper schützt dieses werdende Leben. Die Reise der Schwangerschaft ist oft beschwerlich; Hormone wie Progesteron und Östrogen sind notwendig, damit sich das Kind überhaupt entwickeln kann. Dabei geht es dir nicht immer gut – Übelkeit und andere Beschwerden können dich plagen, doch du erträgst sie aus Liebe zu deinem Kind. Du erinnerst dich gut an diese Zeit, als dein Kind in dir heranwuchs. In der Regel entsteht bereits während der Schwangerschaft eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind. Du spürst seine Bewegungen, sprichst mit ihm und streichelst deinen Bauch. Im Mittelpunkt von alledem stehen die Mütter und das werdende Leben; die Väter nehmen nur eine begleitende Rolle ein. Auch wenn sie bei der Geburt anwesend sind, bleibt es die Mutter, die den harten Job des Gebärens übernimmt.

Zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes hat die Mutter bereits den Übergang zur Elternschaft vollzogen, während die Väter oft erst jetzt beginnen, eine Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen. Die Mütter stillen das Kind und tragen – seien wir ehrlich – nicht nur im ersten Lebensjahr, sondern während der gesamten frühen Kindheit einen erheblichen Teil der Verantwortung. Sie reduzieren ihre beruflichen Verpflichtungen und stellen ihre eigenen Bedürfnisse häufig hinten an, um sich ganz der Elternschaft zu widmen. Elternschaft bedeutet, zu erkennen, dass hier ein kleines Wesen ist, das Schutz, Liebe und Unterstützung benötigt, um die Welt Schritt für Schritt entdecken zu können. Es sind meist die Mütter, die selbstverständlich für das Kind da sind. Es gibt Ausnahmen, gewiss, aber auch heute noch übernehmen Männer viel seltener diese Rolle.

Die Trauer einer Mutter ist daher nicht nur der Verlust eines Kindes; sie ist das Echo all der Liebe und Hingabe, die in diese Beziehung geflossen sind. Prägend in unserer Gesellschaft ist das Bild der trauernden Maria, der Mutter Jesu, die bitterlich um ihren Sohn weint. Auch deine Rolle als Mutter hatte nach dem Tod deines Kindes tiefgreifende Auswirkungen auf die Art deiner Trauer. Für viele Frauen ist die Erfahrung der Mutterschaft so zentral, dass sie eine lebenslange, besondere Verbundenheit zu ihrem Kind empfinden. Mit seinem Tod erzeugt genau diese Verbundenheit furchtbaren Schmerz. Das Alter des Kindes ist dabei oft zweitrangig. Verlust bedeutet nicht nur den Tod eines Menschen; es ist auch der Verlust eines Teils von sich selbst. Wenn ein Kind stirbt, sind es besonders die Mütter, die in ihrer unendlichen Trauer ihr Leid klagen. Ihnen wurde ihr Kind entrissen, und der Schmerz darüber ist überwältigend. Sie würden alles tun, um ihr Kind zu retten – sogar ihr eigenes Leben opfern, wenn es nur dazu führen könnte, dass das Kind leben darf.

Bei aller Wertschätzung für die Vielfalt der Verluste und der unterschiedlichen Trauerwege möchte ich gerade den Müttern meinen besonderen Respekt aussprechen. Ihre unermessliche Verzweiflung benötigt oft Jahre, um allmählich in ein neues Gleichgewicht im Leben zu finden. Mütter verdienen besondere Geduld und Anerkennung für das Leid, das sie erlitten haben. Häufig sind es gerade sie, die sich nach einem Verlust mit anderen trauernden Müttern zusammenschließen, weil sie sich hier in ihrem Schmerz am besten verstanden wissen. Vergiss dabei nie:

Dein Kind bleibt immer ein Teil von dir.

 
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