Es ist doch schon so lange her, …

von Freya von Stülpnagel

Bei der berührenden Segnung im Garten der Friedenskirche heute Nachmittag ist mir wieder bewusst geworden, wie nah mir die Worte, die authentischen Lieder von Stefan waren, wie nah ich wieder an meinen Schmerz und mein Vermissen kommen konnte, was sich warm und wohl anfühlt, und mir dies wieder vor Augen führt und vor allem mein Herz berührt, wo die Trauer ihren Ort hat.

„Es ist doch schon so lange her, dass Benni gestorben ist, und dir geht es doch wieder so richtig gut, wie gut, dass du das überwunden hast.“ So etwas oder Ähnliches hören Frischbetroffene auch schon ein halbes Jahr nach dem Tod ihrer Liebsten.

Mich macht ein solcher Satz betroffen und auch ein bisschen wütend und ich denke mir, die Menschen, sie haben überhaupt nichts verstanden.

Wie soll ich den Tod meines Kindes überwinden können, vielleicht verarbeiten, bewältigen?

Oh nein, nichts von alledem! die Lücke bleibt, der Schmerz bleibt, das Vermissen bleibt …neben dem vielen Guten, was mir seit der Stunde null geschenkt wurde. Ich kann wieder lachen und mich freuen, dankbar sein, all die wertvollen Menschen, die ich seitdem kennenlernen durfte. Sie bereichern mein Leben unendlich.

Ja, ich habe gelernt mit meiner Trauer zu leben, ich konnte sie über die Jahre gut in mein Leben integrieren. Aber die Zeit heilt keine Wunden, wie es so gerne viele Umstehende hätten. Ich habe dank wunderbarer mir zur Seite stehenden Menschen gelernt, mit dem Verlust zu leben.

Aber ich mag es überhaupt nicht, wenn Menschen meinen, dass es mir nur gut geht. Das stimmt nicht.

Was ich mir wünsche, ist, dass die Menschen auch nach so vielen Jahren meinen Verlust, meine Trauer würdigen, sie als Teil meines Lebens wahrnehmen, und mich so annehmen mit den verletzlichen und starken Seiten, wissend dass die Trauer um Bennis Tod mich mein ganzes Leben bis zum letzten Atemzug begleiten wird.

Und das wünsche ich allen Trauernden, dass das jeweilig soziale Umfeld dies berücksichtigen lernt und über viele Jahre die notwendige Empathie ihnen entgegenbringt, wissend, dass sie nie mehr „die Alten“ sein werden, die sie vorher waren, aber auch nicht ganz anders, sondern ihr Herz, ihre Seele wurden geweitet durch den unendlichen Schmerz.

Freya v. Stülpnagel, 20.07.2025

 
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Geduld mit Gott